Die Mutter und der lange Schulweg

Ein ganz normales Mädchen und ihr Kater


Am liebsten spielte das kleine Mädchen mit ihrem Kater. Dennoch war es Pflicht, dass der Kater auf sie wartete, bis sie nach Hause kam und wieder mit ihm kuscheln konnte. Sie hatten ein wundervolles, besonderes Verhältnis miteinander, so innig verliebt, wie sie miteinander umgingen. Dabei waren sie doch vollkommen verschiedene Wesen, unterschiedlich in ihrem Verhalten, aber dennoch trennte das beide nicht. Vielmehr wuchsen sie durch diese Umstände noch mehr zusammen.


Das Mädchen hatte dem Kater das Geheimnis gebeichtet, dass sie eine Fünf bekommen hatte. Doch sie brachte es einfach nicht über die Lippen, ihren Eltern davon zu erzählen. Auch am nächsten Schultag fehlte ihr der Mut, mit ihrer Mutter darüber zu sprechen. Wie sollte sie ihr diese negative Schulnote erklären? Sie wusste selber nicht, wie es dazu kommen konnte, dass sie auf einmal so eine schlechte Note bekommen hatte. Eigentlich gab sie immer alles und strengte sich sehr an, doch es reichte nicht. Der Schulweg kam ihr unendlich lang vor, und auf dem Weg dorthin setzte sie sich auf eine Bank und dachte: „Ich werde am besten gar nicht zur Schule gehen. Ich bleibe einfach hier sitzen.“


Aber ihre Mutter hatte heute einen Termin und musste genau in diese Richtung. Das Mädchen wusste nichts davon, dass ihre Mutter gleich an ihr vorbeigehen würde. Sie dachte, ihre Mutter würde wie immer zur Arbeitsstelle fahren. Doch plötzlich stand sie vor ihrem Kind und fragte: „Meine liebe Tochter, warum bist du gar nicht in der Schule? Haben sie heute keinen Unterricht?“ Das Mädchen erschrak, blickte die Mutter an, begann zu weinen und sagte: „Mir ist etwas sehr Schlimmes passiert. Ich habe eine sehr negative Zensur geschrieben.“


Der Schulweg war wirklich der allerlängste, dabei war es nur einmal quer über die Straße und schon wäre sie bei der Schule gewesen. Aber der Schulweg kam ihr so lang vor, weil sie mit diesem schweren Problem zu kämpfen hatte. Die Mutter umarmte ihre Tochter und sagte: „Warum sprichst du nicht mit mir, wenn du solche Probleme hast? Keine Schulnote der Welt kann es rechtfertigen, dass du mir nicht davon erzählst. Wir finden Wege, damit du diese Schulnote verbessern kannst. Und wenn es wirklich sein sollte, dass du nicht im Unterricht mithalten kannst aus gesundheitlichen Gründen, wäre das auch kein Problem. Dann würden wir zusammen andere Wege suchen. Du hast viele Talente, die wir nutzen können, um deinen Werdegang zu verbessern. Aber es ist kein Grund, dein Vertrauen in uns zu verlieren. Wir werden dir helfen, deinen Weg zu finden.“


Die Mutter nahm das Heft, unterschrieb es und sagte: „Lass uns gemeinsam zur Schule gehen und mit deiner Lehrerin sprechen. Sie macht doch einen ganz positiven Eindruck auf mich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nicht möchte, dass du besser im Unterricht mitkommst.“ Sie rief bei ihrem Termin an und sagte, dass sie sich mindestens eine Stunde verspäten würde. Sie kehrte den Termin ab und nahm sich die Zeit, um mit ihrer Tochter zur Schule zu gehen.


Der Unterricht der ersten Stunde war gerade zu Ende, als sie bei der Lehrerin eintrafen. Die Lehrerin begrüßte sie und sagte: „Ich habe dich im Unterricht schon so vermisst.“ Die Mutter erklärte: „Meine Tochter hat ein Problem. Sie hat sich nicht mehr zur Schule getraut, weil sie sich auch nicht getraut hat, ihre schlechte Zensur vorzulegen.“ Die Lehrerin lächelte und sagte: „Weißt du was? Auch ich habe früher mal eine Fünf geschrieben. Aber ich habe es geschafft, zu studieren und selbst Lehrerin zu werden, um genau aus diesem Grund zu helfen. Ich verstehe, wie schwierig solche Situationen sein können. Du brauchst wirklich keine Angst haben, wenn du mal eine schlechte


 Zensur bekommst. Wir werden einen Weg finden, um diese Zensur zu verbessern.“

Das Mädchen erkannte, dass ihre Lehrerin Verständnis zeigte. Sie erklärte, dass es in Ordnung sei, einmal eine schlechte Note zu bekommen und dass man sich nicht davon entmutigen lassen sollte. „Du musst den Kopf nicht in den Sand stecken und aufgeben“, sagte die Lehrerin. „Das macht die Situation nur schlimmer. Es ist besser, das positive Vertrauen in dich zu behalten und weiterhin an dich zu glauben.“

Die Mutter erinnerte sich, dass der Streit, den sie und ihr Mann am Vorabend hatten, möglicherweise der Grund war, warum ihre Tochter sich nicht konzentrieren konnte. Sie erklärte der Lehrerin, dass die Probleme gelöst seien und dass sie sich nicht trennen würden. Das Mädchen hatte sich die Situation so zu Herzen genommen, dass sie nicht mehr in der Lage war, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Doch nun war alles wieder in Ordnung.



„Glaub mir, wir kriegen das schon hin“, sagte die Mutter. Auch die Lehrerin stimmte zu: „Du machst das schon. Es wird sicherlich wieder aufwärtsgehen. Ich bin auch da, um dir zu helfen. Wenn du negative Zensuren bekommst, ist das auch ein Zeichen, dass mein Unterricht besser werden kann. Ich bin dann auch enttäuscht, wenn ich sehe, dass es nicht so läuft, wie ich es mir wünsche.“

Das Mädchen fühlte sich schon etwas besser und ging zurück in ihre Klasse. Mal sehen, wie sie bei der nächsten Schularbeit abschneiden würde, dachte sie.

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Manchmal ist es gar nicht so einfach


Manchmal ist es gar nicht so einfach,

dem Schulstoff zu folgen

und die verschiedensten Probleme

des Lebens unter Kontrolle zu bringen.

Auch die verschiedenen Auseinandersetzungen

manchmal im Elternhaus, zwischen

der Mutter und dem Vater,

können belasten.


Darin aber auf das eigene Leben konzentriert,

steht man trotzdem in den Umständen,

die gerade auch außerhalb des Lebens

überall passieren.


So ging es auch dem Mädchen,

das sich nicht auf die Arbeit

konzentrieren konnte und dadurch eine Fünf

in der Arbeit geschrieben hatte.

Sie hatte noch niemals so eine

negative, schlechte Zensur bekommen.

Am Vorabend hatten ihre Eltern

einen mächtigen Streit,

und es war sogar gesagt worden,

dass sie sich voneinander trennen würden.

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Das Mädchen liebte beide ihrer Elternteile

und konnte sich gar nicht vorstellen,

dass sie auseinandergehen würden.

So grübelte sie die ganze Nacht

und war am Morgen gar nicht richtig

ausgeschlafen. Auch der Gedanke,

dass ihre Eltern sich trennen könnten,

ließ sie nicht los.

Dadurch konnte sie sich natürlich nicht,

wie immer, vollkommen ausgeruht

und konzentriert auf die Arbeit konzentrieren

und schrieb eine Fünf.

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Die erste Fünf, die sie geschrieben hatte,

seit sie zur Schule ging.

Wie sollte sie diese Fünf ihren Eltern zeigen?

Was würden sie dann sagen?

Sie traute sich nicht, die Fünf aus der Mappe zu holen

und sie ihren Eltern zu zeigen.

Sie traute sich am nächsten Tag auch nicht,

zur Schule zu gehen und saß auf der Bank

im Park. Noch nie war der Schulweg

so lang für sie gewesen. Eigentlich waren es

nur ein paar Schritte bis zur Schule,

aber diesmal schien er endlos.


Plötzlich stand die Mutter vor ihr.

Sie wusste gar nicht, was eigentlich geschah

mit dem einzigen, mit dem sie darüber gesprochen hatte,

dem kleinen Kater, der ja nicht unterschreiben konnte.

Ohne Unterschrift würde sie Ärger bekommen,

wenn sie in die Schule ging. Also blieb sie

auf der Bank sitzen und wollte gar nicht mehr

zur Schule gehen. Doch die Mutter fragte:

„Hast du heute frei oder warum sitzt du hier auf der Bank?“

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Die Tochter schaute sie traurig an

und erzählte, was geschehen war.

Die Mutter sagte: „Du kannst jederzeit zu mir kommen.

Warum hast du das nicht gemacht?

Hat dich nicht getraut?“

„Gib mir mal bitte das Heft,“ sagte sie,

„ich möchte es unterschreiben. Dann werde ich

bei meinem Termin anrufen und dich

zur Schule begleiten.“


„Wir werden einen Weg finden, dass du

deine Fünf wieder verbessern kannst.

Wenn es gesundheitliche Gründe gibt,

finden wir ganz andere Wege.

Du hast viele Talente, die wir nutzen können.

Wenn wir diese Talente besonders fordern,

kannst du dich darin weiterentwickeln.

Vielleicht werden dann diese Talente

eine Basis sein, auf der du neu ansetzen kannst.

Wichtiger wäre es, wenn du die Schule

wieder packst.“

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In der Schule war gerade Pause,

als sie dorthin kamen.

Die Lehrerin kam gerade aus dem Raum

und fragte: „Wo warst du denn?

Ich habe dich vermisst.“

Sie begrüßte beide, die Mutter und ihr Kind.

Dann sagte die Mutter: „Sie hat mir und meinem Ehemann verschwiegen,

dass sie eine Fünf geschrieben hat.

Sie hatte noch niemals so eine schlechte Note.“


Die Lehrerin sagte: „Das kann jedem mal passieren.

Sogar mir selbst ist es passiert.

Lass dich davon nicht unterkriegen,

das wird schon wieder werden.“

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Im Gespräch stellte sich heraus,

dass der Grund ein Abend war,

an dem die Mutter und der Vater

einen Streit hatten und gesagt hatten,

dass sie sich trennen würden.

Das kam bei ihrer Tochter so traurig an,

dass sie die ganze Nacht nicht schlafen konnte

und sich überhaupt nicht auf die Arbeit konzentrieren konnte.

Dadurch wurde die Arbeit so schlecht,

dass sie nur eine Fünf darauf bekam.

Das war kein Nachhilfeunterricht notwendig,

denn dieser Streit war der wahre Grund.

Bis dahin war sie eine so gute Schülerin gewesen,

dass sie fast sicher waren,

dass der Streit der Eltern das Problem war.

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Die Mutter mahnte ihre Tochter noch einmal

und sagte: „Mach dir bitte keine Gedanken,

egal wie es weitergeht, wir werden einen Weg finden.

Um deinen weiteren Weg in die Zukunft zu bauen,

bitte habe das nächste Mal mehr Vertrauen zu uns.

Egal, was zwischen deinem Vater und mir sein wird,

du bist unsere Tochter und ein Teil von mir

aber auch von deinem Vater. Wir lassen dich nicht im Stich.“

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Nun klingelte es wieder zum Unterricht.

Die Mutter verabschiedete sich,

und die Tochter machte sich auf den Weg

in den Klassenraum.

Sie war innerlich erleichtert,

dass das Problem so gut gelöst worden war.

Trotzdem war sie noch immer über sich

so sehr erschrocken, dass ihr so etwas passiert war.

Es war selten, dass sie eine negative Zensur schrieb,

und sie hoffte, dass ihr so etwas nicht noch einmal passieren würde.



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